Wie schon in jeder seiner Ausgaben seit 1999, als eine Leipziger Vorhut zum ersten Mal dort auftrat, wurde das renommierte Baron-Münchhausen-Turnier vor den Toren Prags auch bei seiner Jubiläumsveranstaltung wieder von PV Ost-Boulisten besucht. Die Besetzung fiel diesmal jedoch vergleichsweise bescheiden aus: Die Titelverteidiger Jens Riedel und Patrick Lehmann waren verhindert, während die vormals reichlich vertretenen Boule-Abteilungen aus Leipzig und Halle sich offenbar aufs Altenteil zurückgezogen haben. Es verblieb somit nur noch eine aus vier Doublettes zusammengesetzte Flottille, die sich einer feindlichen Übermacht von 88 Piratenräubern erwehren musste, und die aus Spielern von Dresden und Chemnitz gebildet wurde.
Dabei hätten unsere ehemaligen Sieger – außer den oben genannten noch der 2003 zusammen mit Jens siegreiche Leipziger Veteran Thomas Voigt – gleich zu Beginn schon absahnen können, denn es wurden gelbe Jubiläums T-Shirts an die noch anwesenden Stars der Vergangenheit verteilt.
Immerhin schafften es die vier PV Ost-Teams nach der Vorrunde ausnahmslos bis ins A-Turnier und überstanden dort auch noch die Cadrage. Dann allerdings liefen die ersten Boote leck: Die Dresdner Stefan Lauche und Andreas Endler, eigentlich aufgrund ihrer Ranglistenpositionen (6. und 15.) als Verbandsflaggschiff vorgesehen, streckten die Segel gegen Miroslav Beránek (Kolová) und Tomáš Jirkovský (Pilsen), die in der Tschechen-Rangliste weit hinten rangieren (92. und 102.). Und auch für deren Vereinsfreunde Sabine Friedel und Hanns-Werner Leithold war im Sechzehntelfinale Endstation, wobei ihr Ausscheiden nach hartem Kampf (9:13) gegen die Brünner Koryphäen Michálek (Vater und Sohn) als Achtungserfolg gewertet werden muss.
Hartmut Lohß (Chemnitz) und Gerald Adler (Dresden) hatten in der Vorrundenbarrage eine Schrecksekunde zu überstehen, als sie auf dem seltsamen „Plop“-Boden (die Kugel machte beim Aufprall auf dem Donnéepunkt oft dieses Geräusch und versprang dann in eine nicht vorherseh- oder kontrollierbare Richtung!) gegen ein Anfänger-Seniorenteam nach klarer Führung noch in eine Abwärtsspirale gerieten, als die „Leck-mich-am-Arsch“-Kugeln der Tschechen phasenweise einfach nicht wegzubekommen waren. Im A-Turnier spielten sie dann souveräner und gewannen zwei Partien, bevor ihre Takelage im Achtelfinale gegen Pavel Hodboď (Carreau Brno) und den tschechischen Spitzenspieler Jakub Konšel (POP Praha) rettungslos einknickte.
Von allen freundlichen Begleitschiffen verlassen befanden sich nun die Chemnitzer Ingo Wonsack und Detlef Schwede allein im fremden Weltmeer, umgeben von hauptsächlich tschechischen, aber auch noch einigen verbliebenen holländischen und schwedischen Kampfbooten. Dabei erschien die Verteidigung schon aufgrund der ungleichen Waffenverteilung aussichtslos, denn im eigenen Köcher befanden sich lediglich lächerliche 17 (Ingo: 15, Detlef: 2) PV Ost-Ranglistenpunkte!
Aber Tagesform schlägt Klasse, und Schönwetterspieler Ingo lief bei Sonne und für die Jahreszeit ansprechenden Temperaturen zu beeindruckender Tireurform auf. Und Leger Detlef hatte nur auf dem „Plop“-Boden Probleme, aber zum Glück gibt es in Ořech auch noch andere Untergründe, auf dem seine Halbportée-Technik besser zum Tragen kam. Besonders offensichtlich wurde dies auf der seitlich abfallenden rechten Außenbahn, wo man im Viertelfinale das Schiff der ehemaligen Münchhausen-Siegerin Romana Hodboďová (ehemals: Vokrouhlíková, nun nach Babypause wieder im Boule-Geschäft zurück) und ihres neuen Partners Michal Preuss (beide POP Praha) mit 13:4 klar in den Abgrund versenkte.
Nun wurde es langsam dunkler und kälter, und im Halbfinale ging man gegen den zweifachen Münchhausen-Sieger Jiří Ondryáš (FRAPECO) und seinen jungen Partner Lubomír Srnský (1. KPK Vrchlabí, Jahrgang 1997 und schon Platz 9 in der Rangliste!) zunächst zwar klar in Führung, geriet dann aber in eine Schwächephase, während der Gegner immer enthusiastischer wurde. Doch die Gier nach dem erstmaligen Gewinn einer Kanonenkugel-Trophäe versetzte Berge: In einer dramatischen Schlussphase gelang es, das Spiel mit 13:12 umzubiegen und den Final-Zielhafen doch noch erfolgreich anzusteuern!
Vielleicht hatte sich nun zumindest unterschwellig eine gewisse Selbstzufriedenheit mit dem Erreichten eingestellt, hinzu kam die angestaute Müdigkeit nach sieben erfolgreich bestrittenen Seegefechten. Außerdem waren die Gegner im Finale, Pavel Hodboď und Jakub Konšel, die, siehe oben, ja schon PV Ost-Konkurrenz bezwungen hatten, stark, ihre Carreau-Schüsse landeten oft „sur place“, und ihre Legwürfe kamen beinahe konstant ans Ziel. Am Ende mussten sich die Chemnitzer in eine ehrenvolle 7:13-Niederlage fügen und konnten dennoch mit dem Ergebnis ihrer Expedition mehr als zufrieden sein.
Preise gab es wiederum reichlich, neben der ersehnten Kanonenkugel und erklecklichem Kronenbetrag auch noch zwei Flaschen Likör aus der hauseigenen Produktion von Turnier-Veranstalter Vladimir Glaser. Aber damit war der Hunger noch nicht gestillt, auch am nächsten Tag wollte man beim Pirat-Morgan-Turnier wieder zuschlagen. Und vielleicht diesmal das goldene Piratenschiff erringen?
Trotz weiterhin anhaltender Müdigkeit und insgesamt nachlassender Spielqualität gewann die Kannibalen-Mentalität die Oberhand und sorgte für fünf weitere – wenn auch zum Teil erstotterte – Siege. Doch am Ende zündete Hausmatador Leander Leiský zusammen mit seinem orientalisch aussehenden Partner Aladin die Wunderlampe und wies die gierigen Chemnitzer mit 13:12 in die Schranken. Zum Trost gab es für diese, neben dem vierten Silberschiff, immerhin auch noch eine Flasche weißen Captain Morgan Rum – ideal geeignet, um die entstandenen Wunden zu lecken!
Link zu den Ergebnissen: http://czechpetanque.cz/turnaj.html?id=561
Glückwunsch an euch, Detlef und Ingo, gefällt mir und freut mich für euch!
Herzlichen Glückwunsch, euch Beiden.
— und viele Grüße aus dem Leipziger Veteranenlager.