In einer Landschaft, in der einst in der Sage die Nibelungen auf Jagd gingen, und wo Siegfried der Drachentöter, sich an einem Brunnen labend, vom finsteren Hagen von Tronje mit einem Wurfspeer kaltblütig und hinterrücks ermordet wurde, fand am letzten Wochenende eine ganz andere Form der Hatz statt: Schon recht angejahrte Männer und Frauen, die eigens für diese Ertüchtigung aus ganz Deutschland angereist waren, ließen rundes Eisen klirren auf der Suche nach dem ersehnten Ziel, den kleinen bunten Holzkugeln, den Wildschweinen der heutigen Zeit, im Hessischen auch „Wutzen“ genannt.
Ein modernes Stahlross der Marke VW bot auch sechs betagten Recken unseres Ost-Verbands hinreichend Platz, um die verwunschene Waldregion zu erreichen. Die Ankunft erfolgte schon am Freitag, aber erst nach Einbruch der Dunkelheit, sodass es Mühe machte, die avisierte Unterkunft zu erreichen: ein in zünftigem 5oer Jahre Stil ausgestattetes Gästehaus, in dem zeitgemäße Komponenten wie Radio und Fernsehen – oder auch ein zufriedenstellender Handyempfang – erwartungsgemäß fehlten.
So war man auf sich selbst gestellt und zwei Tage nur auf das wesentliche fixiert: den Weg vom Kreis bis zum Zielpunkt und die anschließende Auswertung der erfolgten Kugelläufe bei kühlendem Gerstensaft.
Insgesamt gesehen war den Ost-Waidmännern (und Waidfrauen: als einziger Verband erzielte der PV Ost in Tromm Geschlechterparität!) das Jagdglück aber nicht hold, denn nur 25% der angestrebten Beute konnte erlegt werden. Dabei wurde der Nibelungenwald durchweg im Gleichmarsch erkundet: nach klaren Auftaktniederlagen und der Abfuhr ins B-Turnier sorgten eindeutige Siege in der ersten K.-O.-Runde für die erhoffte Steigerung des Selbstwertgefühls. Ein weiterer Erfolg hätte nun eine weitere Verweildauer bei der DM über den Samstag hinaus beschert.
Inzwischen war die Dunkelheit eingebrochen, doch das durch die Nichtverwendung von Ergebnistafeln eingesparte Geld hatten die Veranstalter des BC Tromm eindrucksvoll in die Installation von leistungsstarken Flutlichtstrahlern gesteckt, sodass es immer hell blieb. Nur der nun einsetzende – und von keinem Wetterbericht vorgesehene – Dauerregen störte etwas bei der Ausübung des Metiers. Das Chemnitzer Team, also Ost02, hatte sich nach der beeindruckenden 0:4 Startvorlage von NiSa03 schnell auf die Situation eingestellt, schon in der zweiten Aufnahme ausgeglichen und war im weiteren Verlauf gar mit 8:5 in Führung gegangen. Damit waren aber die Patronen verschossen und fünf Aufnahmen später die Niederlage perfekt.
Kleines Kuriosum am Rande: Beim Stande von 12:8 für sein Team sucht der Göttinger Schießer verzweifelt seine zweite Kugel, um den Siegpunkt schon jetzt sicherzustellen. Erst nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, dass er – zu Anfang der Aufnahme – diese Kugel bereits verschossen hat! Mit anderen Worten: Genosse Alzheimer klopft bei derartigen Veteranen-Veranstaltungen bereits deutlich hörbar an die Tür, und die Verwendung von Ergebnistafeln sollte für die Zukunft zwingend vorgeschrieben werden!
Team Ost01 war kurzfristig umgestellt worden, und zwar aufgrund des abtrünnigen Bernd Kraft, der nach erfolgter Qualifikation seine erstaunten Mitspieler davon unterrichtete, lieber als Berlin02 in Szene treten zu wollen. (Die „Strafe“ erfolgte übrigens auf dem Fuß: von drei möglichen Niederlagen ereilten die Spieler von Boule Devant Berlin alle drei!) Ruth Skala aus Kahla wurde als neue Milieu-Spielerin verplichtet, und das Team stellte sich zunehmend besser auf die neue Konstellation ein und schlug sich recht achtbar. Gegen die an sich schlagbar aussehende Mannschaft NRW28 hatte es im B-1/16-Finale auch Siegbälle auf der Hand, versäumte es aber, die entscheidenden Messerstiche zu setzen.
Dennoch bereute am Ende niemand diesen Schritt in eine andere Welt und Zeit. Die Anlage des BC Tromm mit ihren 64 Plätzen und der Waldkulisse im Hintergrund ist wie geschaffen für die Austragung von DMs und anderen Großturnieren. Insofern fiel es unseren Jägern auch nicht schwer, ihrer Wirtin noch ein paar Worte des Lobs und der Hoffnung ins Gästebuch zu schreiben: Hoffnung auf ein zukünftiges Wiedersehen im Nibelungenwald.
Ergebnisse:
Ost01 (Jennifer Baer/Oliver Baer/Ruth Skala ; LaBR Dresden/LaBR Dresden/SC Bibra-Zwabitz (Kahla)):
Poule-Runde 1: 5:13 gegen Saar05 (Jacques Wolf/Sylvain Haritonidis/Christian Marc ; alle PC Hanweiler)
Poule-Runde 2: 8:13 gegen BaWü39 (Manfred Ulmer/Ralf Geikowski/Gebhard Köberle ; Boule für alle Ötisheim/1. FC Steinegg/1. FC Steinegg)
B-Turnier 1/32: 13:3 gegen NRW15 (Norbert Wiens/Gitta Mügge/Angelika Thelen ; TV Wattenscheid 01/Boule-PC Essen-Stadtgarten/BG Kettwig)
B-Turnier 1/16: 9:13 gegen NRW28 (Horst Rieger-Rüdiger/Wolfgang Brodisch/Helmut Scholz ; PF Marl-Lüdinghausen/BC Buer/BG Kettwig)
Ost02 (Martina Franke/Detlef Schwede/Michael Balazs ; alle 1. Chemnitzer PC):
Poule-Runde 1: 4:13 gegen NRW16 (Ulrich Fallen/Richard Stenglin/Hans Hintzen ; Nippeser BC/Ehrenfelder BC/BC Köln)
Poule-Runde 2: 2:13 gegen Saar08 (Marcel Franz/Herbert Dittgen/Carmelo Agnello ; BC Siersburg/BC Maldix Nalbach/BC Siersburg)
B-Turnier 1/32: 13:5 gegen Hess07 (Rosie Kerschl/Renate Hett/Hans-Jürgen Hildebrandt ; 1. PC Wächtersbach/Vogelsberger BF Kirtorf Lameng/SV DISBU Rüsselsheim)
B-Turnier 1/16: 8:13 gegen NiSa03 (Jochen Stern/Norbert Schmidt-Mispagel/Klaus Ogon ; alle PC Göttingen)