Die Turnierankündigung im Internet versprach vollmundig einen „Goldenen Oktober“. Dann aber regnete es derartig aus Kübeln, dass eine Austragung im Freien undenkbar wurde. Gerettet wurde die SM schließlich durch ein Hallenevent, worüber einige der Legspezialisten weniger erfreut waren. Andere wiederum ließen sich von dem schwer zu bespielenden Boden nicht einschüchtern und erbrachten dennoch eine Topleistung.
Warum aber bereite diese Spielflächen vielen Spielern Probleme? Auf den ersten Blick sieht der Boden wie ein normales Bouleterrain aus, mit Splitt und eigens hinzugefügten Steinchen. Unter der Oberfläche verbergen sich dann aber „kleine Überraschungen“, Teppich- und Holzböden, harte Stellen. Das bewirkt, dass ein Routine-Halbportéewurf zum Vabanquespiel mutieren kann: die Kugel spritzt plötzlich zur Seite weg und verliert für den weiteren Spielverlauf ihre Bedeutung. Erfahrene Boulespieler qualifizierten dieses Terrain daraufhin als „unehrlich“ ab und beschlossen, hierauf nur noch mit einer extrem nahe am Boden orientierten, effetbetonten Wurfweise zu operieren.
15 Triplette-Besatzungen, vier weniger als bei der vorjährigen Outdoor-Veranstaltung, wollten sich trotzdem auf diesem Meer der Unwägbarkeiten ausprobieren. Die meisten kamen aus dem PV Ost-Bereich, aber es waren auch „Exoten“ aus Berlin, NRW oder Franken in der Boulehalle anzutreffen.
Stark vertreten dabei die Chemnitzer, so etwa Fabian Böttcher und Dieter Büttner, die sich mit dem Hallenser Veikko Dähne verstärkt hatten. Im Viertelfinale trafen sie auf einen weiteren Vereinskameraden, Tangi Andro, den in der Rangliste mit Platz acht am höchsten platzierten Chemnitzer. Er hatte sich mit seinem Landsmann Laurent Mirabeau und dem in den letzten Monaten stark aufkommenden Leipziger Karl Blütchen verstärkt.
Team Chemnitz-Halle gelingt es jedoch, das Spiel weitgehend zu dominieren. Wir blenden uns ein beim Spielstand von 10:3, wo Tangi, Laurent und Karl zwar noch vier letzte Kugeln auf der Hand haben, die zuvor von Dieter gelegte aber nicht entsorgen könnnen.
Es steht 11:3, und das Unheil nimmt weiter seinen Verlauf, auch wenn Veikkos Kugeln auf dem unberechenbaren Boden zunächst einmal nicht gut kommen. Aber Dieter beendet den Spuk mit einem erfolgreichen Schuss. Laurents Kugeln kommen nicht optimal, aber mit dem zweiten Versuch macht er den Punkt, wenn auch mit einem Abstand von über einem Meter zum Cochonnet. Fabian kann diese klar übertreffen, und da auch Karls abschließende Legkugel rechts an der Sau vorbeigeht, hat er nun die Chance, den Sack zuzumachen. Das gelingt ihm, indem er an die eigene Kugel andockt: Es steht 13:3.
Im Halbfinale wird diese Leistung dann wiederholt, als Fabian, Dieter und Veikko ebenfalls mit 13:3 gewinnen, diesmal gegen noch einen anderen Chemnitzer, David Möller, der zusammen mit den hoch gehandelten Dresdnern Andreas Endler und Stefan Lauche antritt, letzten Endes gegen die Wucht der Rivalen aber chancenlos ist.
Dennoch gibt es aber auch für Dresden Grund zum Jubeln. Die im letzten Jahr noch im Finale unterlegenen Lothar Müller und Fethi Aouissi erreichen zusammen mit ihrem Leipziger Mitspieler Albert Wendt nämlich das Finale, auch wenn es in der Vorschlussrunde gegen die Berliner Tassanee Weber und Knut Fischer (zusammen mit der erst am Vortag kennengelernten Dresdnerin Tina Wich) mit 13:10 recht knapp wurde.
Nun also das Finale, wieder ein Highlight in Lothars Pétanque-Laufbahn, die erst in seinem neunten Lebensjahrzehnt überhaupt begonnen hatte. In seiner Rolle als Vorleger erweist er sich dieses Bodens als mächtig, bringt eine Vielzahl seiner Kugeln präzise auf den Punkt und bringt dadurch seine Gegner zur Verzweiflung.
Diesen gelingt es aber immerhin, den zunächst klaren Rückstand von 2:6 in den folgenden beiden Aufnahmen auszugleichen. Nun entspinnt sich ein zäher Kampf, Dresden und Leipzig geht zwar mit erst 7:6, dann 10:6 in Führung aber Chemnitz/Halle gibt nicht auf: Dieter schiebt eine eigene Kugel nach vorn und macht dadurch zwei Punkte, Albert und Fethi können mit Schuss und Legwurf nichts dagegen ausrichten – es steht 10:8.
Das Schwein liegt nun relativ kurz, in einer Entfernung von 7 Metern. Veikko nähert sich ihm von links, kommt bis auf 30 cm heran. Aber Lothar bereitet es keine Schwierigkeiten, diese Kugel locker zu übertreffen, er legt sich genau zwischen Veikkos Kugel und das Ziel. Nun beginnt Fabian zu schwächeln, seine beiden Schüsse verfehlen das Ziel. Veikko legt nun, bleibt wieder links und kurz auf einer Distanz von 35 cm liegen. Auch Dieters Legversuche führen nicht ans Ziel, wenn auch knapp…
Das schafft aber nun Lothar, sein zweiter Versuch ist noch besser als der erste, geht an sämtlichen Feindkugeln vorbei und touchiert sogar die Sau! Nun könnte Albert alles klarmachen, doch der packt es knapp nicht – seine zweite Kugel ist 40 cm kurz. Es bleibt also Fethi vorbehalten, den entscheidenden Siegesstoß zu erzielen – er legt 25 cm hinter das Cochonnet, das reicht!
Goldener Oktober also zumindest für einige – besonders für Lothar, der mit seinen blitzblanken, jegliche Gesetze des doch eigentlich so „bösen“ Bodens ignorierenden Kugeln den letztendlichen Triumph entscheidend ermöglicht hat!
Stadtmeisterschaft, Endergebnis A-Turnier:
Sieger: Fethi Aouissi/Lothar Müller/Albert Wendt (Dresden/Dresden/Leipzig); 13:8 im Finale)
Finalisten: Fabian Böttcher/Dieter Büttner/Veikko Dähne (Chemnitz/Chemnitz/Halle)
Dritter Platz:
Tassanee Weber/Knut Fischer/Tina Wich (Berlin/Berlin/Dresden)
Vierter Platz:
Stefan Lauche/Andreas Endler/David Möller (Dresden/Dresden/Chemnitz)
Viertelfinalisten:
Christoph Nolden/Petra Frei/Bernd Stracke (Leipzig/Leipzig/Horken-Kittlitz; 6:13 gegen Fethi/Lothar/Albert); Tangi Andro/Laurent Mirabeau/Karl Blütchen (Chemnitz/?/Leipzig; 3:13 gegen Fabian/Dieter/Veikko); Lukas Weber/Reinhard Schatz/Patrick Lehmann (Stahlball/Bochum/Dresden; 12:13 gegen Tassanee/Knut/Tina); Josef Kuchler/Jennifer Baer/Dessislava Vardjieva-Eckardt (PC Egrensis/Dresden/Leipzig; 1:13 gegen Stefan/Andreas/David)
Sieger im B-Turnier:
Milena Emich/Marcel Mittag/Jan Gosch (alle Halle; 13:5 im Finale)
Finalisten: Gerald Adler/Uwe Schwartz/Heiko Neumann (Dresden/Leipzig/Reichenbach)