Obwohl es sich bei ihr um die traditionsreichste aller PV Ost-Veranstaltungen handelt, ist die Chemnitzer Stadtmeisterschaft weit davon entfernt, von gigantischen Teilnehmerzahlen zu träumen. Der Vergleich etwa mit dem eine Woche zuvor ausgetragenen Stahlball Open, das erst in seine fünfte Ausgabe ging, fällt recht bescheiden aus. Trafen sich in Leipzig an beiden Wettkampftagen jeweils über 100 Pétanquespieler und -spielerinnen, so waren es in Chemnitz – immerhin bei für diese Stadt völlig untypischem spätsommerlichem Sonnenwetter – leider nur 22 Doublettes, also weit weniger als die Hälfte als die beim 2:2-Massenevent im Mariannenpark verzeichneten 51 Spielpaare.
Zudem sind die beiden Turniere höchst unterschiedlich besetzt. Während Stahlball wohl eher die jüngere Generation anzulocken scheint, waren in Chemnitz „alte Haudegen“, die schon seit Ewigkeiten in der PV Ost-Bouleszene fest verwurzelt sind, wie etwa Peter Adrian (Jena), Lokalmatador Hartmut Lohß, der in die Schweiz ausgewanderte und im PV Ostland fast schon vergessene Ingo Wonsack (ebenfalls Chemnitz) oder Tom Tschindscharadse (Dresden) am Start, flankiert von illustren, aber auch schon betagteren Gästen aus dem benachbarten Frankenland, wie etwa Tita Vecile, dem Tir de précision-DM-Vizechampion von 2008.
PV Ost-Spitzenkräfte waren vorgestern in Chemnitz nur spärlich vertreten, zumindest wenn man der aktuellen Rangliste Glauben schenken will. Immerhin drei Top-Ten-Spieler waren aber dabei: Fabio Trampler (Stahlball, Platz 5), Mohamed „Momo“ Boumelah (Chemnitz, Platz 8) und Fethi Aouissi (Dresden, Platz 10).
Fabio trat diesmal mit seinem Vater Heiko an, eine Konstellation, die Klasseleistungen versprach, und diese Erwartung auch zumindest teilweise erfüllte. Jedoch stand klaren 13:0 und 13:2-Erfolgen in der Vorrunde eine völlig unerwartete 6:10-Niederlage gegen die Chemnitzer Heiko Thum und Dieter Neubert gegenüber, die ihre durch intensives Training auf der Spielstätte in Chemnitz-Bernsdorf erworbene Kenntnis des mitunter unberechenbaren Bodens brutal ausnutzten.
Dadurch qualifizierten sich Vater und Sohn als Zehnte der Vorrunde lediglich für das B-Turnier, das sie dann aber mehr oder weniger souverän für sich entschieden.
Momo, der zweite der vorhandenen Top-Ten-Spieler hatte sich als Spielpartnerin wieder eine Einheimische ausgewählt, nach Sandra Fritsche, mit der zusammen er bei der Mixte LM und DM schon erfolgreich abschnitt, nun also Vereinsikone Antje Müller. In der Vorrunde erlitt diese Kombination zwar auch eine Niederlage (knapp mit 10:13 gegen Tangi Warmuth/Jena und Alexander Breck/Oberlausitz), wurde aber als Vorrunden-Achtplatzierte gerade noch so ins A-Turnier durchgewunken. Dort legten sie dann eine beherzte Aufholjagd hin, die am Ende aber erfolglos blieb: Im Viertelfinale lagen sie gegen Hartmut und Ingo schon fast aussichtslos mit 1:11 zurück, kämpften sich dann bis auf 9:11 heran, bevor das Zeitlimit sie gnadenlos ausknockte.
Verblieb von den Top-Ten-Spielern also nur noch Fethi, und der legte zusammen mit Tom in der Vorrunde einen makellosen 3 Siege-Parcours hin, und wurde dort von Hartmut und Ingo nur aufgrund der geringeren Nettopunktzahl noch auf Platz 2 verwiesen.
Fethi und Tom besiegten im Viertelfinale äußerst knapp mit 9:8 ihre Vereinskameraden Kai Lübke und Fred Fuchs, bevor sie sich im Halbfinale gegen Tangi und „Brecki“ relativ deutlich mit 13:6 durchsetzten. Nun würden sie im Finale in jedem Fall auf Chemnitzer treffen…
…denn im anderen Halbfinale trafen das Traditions-Duo Hartmut/Ingo und die Trampler-Besieger Heiko und Dieter aufeinander. Hartmut und Ingo, die schon vor Jahrzehnten gemeinsam Erfolge errangen und daher eingespielt waren, lagen erwartungsgemäß nach vier Aufnahmen mit 8:0 in Führung und ließen sich auch in der Folge von ihren Kontrahenten nicht die wohlverdiente Butter vom Brot nehmen. Aufgrund einer soliden Legeleistung Ingos und einer fast schon unglaublichen Trefferquote Hartmuts siegten sie am Ende unangefochten mit 13:4.
Vielleicht ein Manko: Beim Chemnitz Open wird das Finale nicht auf einem vorher festgelegten, für die Zuschauer gut einsehbaren Terrain gespielt, sondern es herrscht freie Platzwahl. Fethi und Tom gewannen den Münzwurf und lotsten ihre Finalgegner auf eine leicht wellig-gefurchte Spielfläche, auf der sie schon ihre beiden vorherigen Matches bestritten hatten. Und diese Begegnung hatte dann leider auch nur sage und schreibe EINEN die Partie intensiv verfolgenden Zuschauer…
Zum Glück hat dieser sich einige Notizen gemacht, sodass wir den Spielverlauf nun nachverfolgen können: Ingo kommt auf dem für ihn ungewohnten Boden überhaupt nicht gut ins Spiel und verlegt seine drei Kugeln. Die Gegner legen umso besser, und es steht 4:0 für sie, am Ende der ersten Aufnahme. Nun wachen die Chemnitzer auf, nach zwei weiteren Spielabschnitten haben sie auf 3:4 verkürzt.
Dann aber schlägt das Pendel wieder nach hinten aus: Das von Hartmut getroffene Cochonnet springt bis kurz vor die Zielschnur, und anschließend overpowert Ingo zweimal, sodass seine Kugeln sich ins Nirwana bewegen. Hätte teuer werden können, aber Hartmut rettet sein Team, durch einen weiteren Sautreffer, der die Zielkugel nun endgültig ins Aus befördert.
Neuaufnahme, und wieder trifft Hartmut das Schweinchen, diesmal ohne Absicht, und auch mit anderem Ausgang: Die Zielkugel landet sofort jenseitig des Limits.
Wieder Neuaufnahme, und nun kann Hartmut die von Fethi gelegten Kugeln nur beim ersten Mal entsorgen. Die nun anschließenden Legwürfe der Chemnitzer verpuffen erfolglos, während Tom am Ende noch zwei reinlegt, sodass sich ein neuer Spielstand von 8:3 ergibt.
Die Chemnitzer jedoch geben sich noch lange nicht geschlagen, in der folgenden Aufnahme treffen Hartmuts Schüsse bei drei Versuchen zweimal, und es bleibt ein Punkt: 8:4 nur noch.
Neue Hoffnung breitet sich aus, und auch Ingo legt jetzt wieder ordentlich, während Fethi und Tom ihre Kugeln verlegen, und Tom zudem zweimal daneben schießt. Neuer Spielstand: 8:7.
Die nächste Aufnahme ist dann aber auch gleichzeitig die letzte. Ingo legt einen Meter zu kurz und Fethi direkt neben die Sau. Hartmuts Schuss trifft dann zwar Fethis Kugel, aber die Sau geht mit dieser mit – dumm gelaufen! Ingo versucht zweimal vergeblich, den Punkt zu legen – er bleibt jeweils kurz und links. Auch Hartmut legt fast an die gleiche Stelle, und dann zur Abwechslung mal rechts vorbei. Team Dresden hat noch fünf Kugeln in der Hand, und da ist dann leider nichts mehr zu machen für Chemnitz, auch wenn Tom einmal aus Versehen einen Stein trifft. Aber da sind dann ja auch noch genügend andere Kugeln, um den siegbringenden Fünferpack einzubringen: Fethi und Tom sind die neuen Stadtmeister!
Endergebnis A-Turnier:
Sieger: Fethi Aouissi/Tom Tschintscharadse (Dresden)
Finalisten: Hartmut Lohß/Ingo Wonsack (Chemnitz)
Dritter Platz:
Tangi Warmuth/Alexander Breck (Jena/Reichenbach O.L.)
Vierter Platz:
Dieter Neubert/Heiko Thum (Chemnitz)
Viertelfinalisten:
Fred Fuchs/Kai Lübke (Dresden; verlieren 8:9 gegen Fethi/Tom); Antje Müller/Mohamed Boumelah (Chemnitz; verlieren 9:11 gegen Hartmut/Ingo); Jule Fahrenkrog-Petersen/Khalil Boukert (Stahlball; 3:13 gegen Tangi/Alexander); Stefan Dobbratz/Nick Zimmerle (Chemnitz; 6:13 gegen Dieter/Heiko) Endergebnis B-Turnier:
Sieger: Fabio Trampler/Heiko Trampler (Stahlball/Dresden)
Finalisten: David Möller/Felix Wartmann (Chemnitz/Halle)
Dritter Platz: Tita Vecile/Roman Krassa (Hof/Cheb) und Peter Adrian/Lali Lali (Jena)
Endergebnis C-Turnier:
Sieger: Monika Kupsch/Ngo Tran (BCLL/Halle)
Nun aber schlägt das Pegel … gemeint ist wohl das Pendel
Danke für den Hinweis!