Jens Riedel, der Sieger der letzten Jahre, hatte wohl offenbar den Entschluss gefasst, seine schon fast unheimliche Serie einfach mal selbst zu beenden. Er wählte zur Überraschung der Boulegemeinde als Spielpartnerin Anne-Katrin Müller aus, eine zwar schon langjährige Vereinskameradin, die aber außerhalb von Leipzig eher selten bei Wettkämpfen in Erscheinung tritt und daher auch in keiner Rangliste auftaucht.
In der Tat gingen die ersten beiden Auftritte in die Hose, und es konnten sich unter anderem die ebenfalls ranglistenmäßig nicht erfassten Nabouleonisten Martin Silkeit und Ferdinand Liedtke mit dem Prädikat „Jens-Riedel-Bezwinger“ schmücken. Schon ging das Gerücht die Runde, Jens wolle diesmal bewusst den Sieg im C-Turnier ansteuern, aber dann kam doch noch der Turnaround: Starke Konkurrenz aus Berlin von Z 88 (Siegbert Nagel/Franck Bait) konnte besiegt und die Teilnahme immerhin im B-Turnier sichergestellt werden, wo dann der absolute Durchmarsch gelang. Nicht einmal die ehrgeizigen Dresdner Fethi Aouissi und Gerald Adler (PV Ost-Ranglistenplätze 4 und 12), die zuvor im Halbfinale die herausragenden Berliner Boris Tsuroupa und Emilio Abraldes beseitigt hatten, konnten gegen sie noch Siegansprüche stellen, und das obwohl sie sich verzweifelt wehrten und trotz klarer Rückstande (3:9 und 6:11) immer wieder herangekämpft hatten.
Somit standen die Leipziger wenigstens auf dem „kleinen Treppchen“ ganz oben. Hinzu kommt noch für unseren Verband ein Erfolg im C-Turnier durch Hannes Blechinger/Devin Zimmermann (Halle/Leipzig). Ansonsten konnten die PV-Ostler gegen die starke auswärtige Konkurrenz (15 % des 44 Doublettes umfassenden Teilnehmerfeldes waren Berliner!) jedoch nur wenige Nadelstiche versetzen.
Dabei hätte den Einheimischen Heiko und Johann Kalies durchaus der große Schlag gelingen können. Im Achtelfinale des A-Turniers gelang es ihnen, sich gegen die Berliner Erika und Joël Delory nach aussichtslos erscheinendem 5:12-Rückstand Punkt für Punkt heranzukämpfen und schließlich noch den Sieg zu erringen! Der Zeitplan war nun zwar auf den Kopf gestellt, doch die Kalies ließen sich durch nichts erschüttern und verfolgten auch im Halbfinale gegen Kim und Jean-François Mores (Z88 Berlin) die gleiche Strategie. Nach vier Aufnahmen stand es 0:10 gegen sie, und die Veranstalter hofften schon, dank der dynamisch aufspielenden Franzosen die verlorene Zeit zurückholen zu können..
Dann jedoch legten Vater und Tochter eine Ruhepause ein, und die Leipziger kamen in zwei Aufnahmen auf 5:10 heran. Selbst ein nochmaliger doppelter Punktgewinn der Mores konnte Heiko und seinen Sohn nicht aus der Ruhe bringen, durch intensive Taktikgespräche legten sie die Grundlagen für ein erfolgreiches Aufbäumen.
Es steht nun 10:12, und die Franzosen schwächeln immer mehr. Die von Johann etwa 30 cm hinter die Sau gelegte erste Kugel kann von der immer unsicherer wirkenden Kim nicht verbessert werden, auch ein Schussversuch des vorher souverän schießenden Jean-François scheitert. Immerhin, seine letzte Kugel legt sich vor den Gegner, ungefähr 20 cm links versetzt hinter das Ziel. Aber nun haben die Kalies noch fünf Kugeln auf der Hand und können die Sache klarmachen…
Aber was machen sie? Wie üblich erfolgt nun ein ausführlicher Teamtalk, in dessen Verlauf wohl irgendwann auch das Wort „Schießen“ gefallen sein muss. Immerhin liegt das Cochonnet frei, auf das könnte also geschossen werden oder aber auf die gegnerische Kugel. Wenn die eigene dabei versehentlich auch weggehen sollte, hätte man doch noch vier Kugeln übrig, um den Schaden zu reparieren und den Sieg einzufahren. Um für den an diesem Tag nicht vom Erfolg verwöhnten PV Ost doch noch alles zum Guten zu wenden…
Dann ist die Besprechung endlich vorbei, eine Entscheidung wurde getroffen. Vor den Augen des staunenden Zuschauers betritt Johann den Wurfring und begibt sich in die Hockstellung! Vor der Zielkugel befindet sich zwar eine Armada aus gegnerischen Kugeln, nichtsdestotrotz haben die Kalies die Option „Legen“ gewählt! Stirnrunzelnd kann der Zuschauer jetzt nur noch den absehbaren fatalen Ausgang der Aktion chronistisch festhalten: Die Legwürfe verpuffen, irgendwann gelingt es auch noch, eine weitere Gegnerkugel auf Punkt nach vorn zu bringen. Da helfen nun auch keine Schüsse mehr, das letzte PV Ost-Flaggschiff versinkt ruhmlos…
Im Halbfinale sind die Berliner nun fast unter sich, nur zwei Schweinfurter Kugelleger(-innen) mischen sich unter die Hauptstädter. Und für Petra und Gerhard Groß hat sich die Ausfahrt nach Leipzig gelohnt: Sie besiegen die Mores und halten sich auch im schon im Dunkeln ausgetragenen Finale gegen Malek Limam und Kader Tahar-Mansour beachtlich. Letztere sind zwar durchgängig in Führung, aber Schweinfurt gelingt am Ende der 12:12-Ausgleich. Die Situation wird dann für Berlin sogar so brenzlig, dass dreimal hintereinander die Sau ausgeschossen werden muss! Auch in der letzten Aufnahme gelingt Petra – den Kopf schon in der Schlinge – mit der allerletzten Teamkugel noch ein präziser Legwurf, den Malek dann letztendlich aber sauber entsorgen kann.
Endergebnis A-Turnier:
Sieger: Malek Liman/Kader Tahar-Mansour (Boule devant Berlin/Zehlendorf); 13:12 im Finale)
Finalisten: Petra Groß/Gerhard Groß (Schweinfurter Kugelleger)
Dritter Platz: Kim Mores/Jean-François Mores und Laurent Brizard/Bruno Gibard (alle Z88 Berlin)
Viertelfinalisten: Antje Müller/Stephan Weigel (Weimar/Chemnitz); Bernd Kraft/Bastian Pelz (Boule devant Berlin/Halle); Heiko Kalies/Johann Kalies (Leipzig); Ludwig Möke/Veikko Dähne (Halle) Endergebnis B-Turnier:
Sieger: Anne-Katrin Müller/Jens Riedel (Leipzig)
Finalisten: Gerald Adler/Fethi Aoussi (Dresden)
Dritter Platz: Boris Tsuroupa/Emilio Abraldes (Z88 Berlin)
Vierter Platz: Florian Krahmer/Richard Wendt (Dresden/Jena)
Endergebnis C-Turnier:
Sieger: Hannes Blechinger/Devin Zimmermann (Halle)
Finalisten: Christina Rose/David Möller (Leipziger Land/Chemnitz)
Dritter Platz: Siegbert Nagel/Franck Bait (Z88 Berlin)
Vierter Platz: Thomas Voigt/Thomas Engelhardt (Leipzig)