Seit dem 21. April 1996 ist der 1. Chemnitzer PC offiziell im Vereinsregister verzeichnet und damit der Methusalem unseres Verbandes. Herausragende sportliche Meriten hat es in den zurückliegenden 18 Jahren aber – abgesehen von einigen Achtungserfolgen verschiedener Einzelspieler bei Deutschen Meisterschaften – nie gegeben, jedenfalls nicht im Liga-Betrieb Thüringens bzw. des PV Ost, denn hier deambulierte der Verein zumeist in den Graubereichen der Tabelle oder stieg gar in die Zweite Liga (als es diese noch gab!) ab und musste den Spielern anderer Vereine neidvoll hinterherblicken, wenn es darum ging, sich für höhere Weihen zu empfehlen, sprich an der Bundesliga-Aufstiegsrunde teilzunehmen.
Diese finsteren Zeiten gehören nun erst einmal der Vergangenheit an. Angetrieben durch einen fulminanten Erneuerungsprozess, der im Jahre 2010 einsetzte und im Zuge dessen nicht nur zahlreiche neue, vorwiegend junge Spieler und Spielerinnen für den Verein rekrutiert, sondern diese auch auf ein hohes technisches Niveau geführt werden konnten, sodass sie dem oberen sportlichen Leistungspegel unseres Verbands Schritt für Schritt näher kamen und diesen letztendlich auch erreichten.
Beim Ligafinale in Borna, zu dem sich die Chemnitzer nach dem vorzeitigen Ausscheiden der Navys mit ihrem olivgrünen Team qualifiziert hatten, musste dazu nur noch der Beweis angetreten werden. Gegner war hier zunächst die Kombination „Mélange“, eine eigentümlich zusammengewürfelte Gruppierung aus Spielern und Spielerinnen der Vereine aus Kahla, Leipzig, Halle und Dresden, die aber, summiert man die Ranglistenpunkte jedes einzelnen Komponenten, klar die Favoritenrolle innehatte. Angeführt wurde sie von Jens Riedel, dem amtierenden Deutschen Meister der Tireure und seit Jahren herausragenden Spieler unseres Verbandes.
Zunächst erfüllten sich die Erwartungen, denn „Mélange“ gelang es, beide Triplettes siegreich zu gestalten und einen beruhigenden 2:0-Zwischenstand einzufahren. Doch Vorsicht war dennoch geboten, denn Chemnitz hielt erstaunlich gut mit und musste sich jeweils nur zu 8 und zu 9 geschlagen geben.
In den Doublettes gönnte sich Jens Riedel dann aber doch ein Päuschen, da man wohl glaubte, die Qualität der Auswechselspieler würde ausreichen, um die Chemnitzer sicher zu dominieren. Eines der Doublettes, Ingo Wonsack (Kahla) und Thomas Voigt (Leipzig), geriet gegen die überragend aufspielenden CPC-Spieler David Möller und „Karo“ Schwarz aber rasch mit 3:8 ins Hintertreffen. Flugs wechselte sich Jens für Ingo ein, um die Kastanien noch aus dem Feuer zu holen, und es gelang tatsächlich eine Aufholjagd bis zum Stand von 10:11 gegen „Mélange“. Nun aber, Wurst wider Wurst, holte Chemnitz die entscheidende Trumpfkarte aus dem Ärmel und ersetzte „Karo“ durch Marcel Neumann. Und es gelang ein Zweier-Pack in der nächsten Aufnahme, abgeschlossen durch einen erfolgreichen Carreau-Schuss von David.
Ein glückliches Händchen bei der Auswechslung hatte Chemnitz auch beim nächsten Doublette und ein weniger glückliches der Gegner: Patrick Lehmann (Dresden), der beim Stand von 3:5 für Marcel Mittag (Halle) hereingekommen war, konnte die entscheidenden Impulse nicht setzen, stattdessen aber der Chemnitzer Leitwolf Hartmut Lohß. Bei 11:9 für Rita Böttcher ins Spiel gekommen, setzte er mit einem der sogenannten (und von ihm angeblich erfundenen!) „Chemnitzer Legschüsse“ dem Spiel ein Ende.
Hart umkämpft war auch das Mixte: Hier hatte das eingespielte Pärchen Antje Müller (die sich am Tag zuvor auch noch bei der ebenfalls in Borna ausgetragen Damen-Quali durchgesetzt hatte) und Stephan Weigel am Ende gegen die Dresdner Richard Wendt und Cindy Voigt mit 13:10 knapp die Nase vorn.
Es kam somit zu einem echten Finale, in dem es um die Teilnahme an der Bundesliga-Aufstiegsrunde in Düsseldorf ging, an der laut Statuten ein gemischtes Team ja nicht hätte teilnehmen dürfen. Gegner der Chemnitzer waren die Nebenbouler aus Jena, die sich im Halbfinale mit 3:2 durchgesetzt hatten. Das knapp unterlegene Team „International“ aus Dresden sorgte dabei aber immerhin für die exotische Note dieses Wettkampftages, da es sich nicht nur „international“ nannte, sondern auch drei „foreign players“ in ihren Reihen hatte, die aus so unterschiedlichen Ländern wie der Slowakei (Jano Kovacic), Südafrika (Jennifer Baer) und Laos (Maykham Lovankheo) kamen.
Es begannen wie gewohnt die Triplettes. Hier standen mit Jenas Peter Adrian, Andrey Kriwoscheew und Torsten Hubel drei kampferprobte Recken auf dem Platz, die die Geschichte unseres Verbandes maßgeblich mitgeprägt hatten. Ihnen gegenüber: die Chemnitzer Nachwuchskräfte David Möller und Benjamin Müller, angeführt vom Spielführer der Olivgrünen, Hartmut Lohß, einem alten Haudegen, der die Gründerzeit des 1. CPC (fast) noch miterlebt hat.
Es sollte sich schnell herausstellen, wer das bessere Kartenblatt auf der Hand hatte. Nach zwei Auftaktpunkten für Jena bestimmte Chemnitz durchgängig das Spiel und hatte sich schnell einen erklecklichen 8:3-Vorsprung herausgearbeitet. Und die Tendenz setzt sich fort: Eine gelungene Legkugel Benjamins kann von Torsten, der vom erfolglosen Peter den Part des Tireurs übernommen hat, einfach nicht wegbefördert werden. Alle Versuche der Jenaer, im Legen erfolgreicher zu sein, scheitern kläglich. David nutzt die Gunst der Stunde, trifft mit seinem Schuss gleichzeitig Kugel und Cochonnet, wobei letztere an eine Stelle springt, in deren Umkreis sich viel Platz befindet, um noch weitere Kugeln auf Punkt zu legen. Die Einladung wird dankend angenommen, der Punktestand springt auf 12:3. Jena ist zermürbt, die nächste von Benjamin super an die Sau gelegte Kugel ist die letzte, die Chemnitz in dieser Partie überhaupt spielen muss…
Die Saat ist gelegt, auch der Verlust des Mixte-Triplettes (Antje/Stephan/Marcel – Manja/“Schack“/Marco: 9:13) stört nun nicht mehr. Selbst die nun plötzlich auftretende Schwächephase von Antje (2:13 an der Seite von Hartmut im Duell gegen Manja Adlt und Marco Niemann) kann den Chemnitzer Vormarsch nicht mehr stoppen, denn wieder werden die Jenaer Spitzenspieler Peter und Andrey von den an diesem Tag überragend aufspielenden Benjamin und David mit 13:3 in die Schranken gewiesen. Die Begegnung steht ausgeglichen 2:2, eine weitere Begegnung ist noch im Gang.
In dieser führen die Chemnitzer schon klar, aber „Karo“ vergibt zunächst einige Chancen, den Sack endgültig zuzubinden. Beim Stand von 12:5 legt er dann aber doch die entscheidende Kugel, was zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keiner ahnt, denn sie liegt immerhin gut 50 cm hinter der Sau. Aber Torsten schwächelt dreimal, sein erster Legversuch landet in einer Matschstelle (in der Zwischenzeit hat ein ausgiebiger Regenguss für veränderte Platzverhältnisse gesorgt!), beim zweiten Mal hält er die Kugel zu lange fest und der dritte Wurf verfehlt das ersehnte Ziel nur um wenige Zentimeter (siehe Foto!). Es ist vollbracht, die Chemnitzer können jubeln, und die Rivalen in Düsseldorf (u.a. Altonaer Bouleclub, Boule Devant Berlin und TSV Krähenwinkel) freuen sich auf einen neuen Gegner.
Herzlichen Glückwunsch zum Erfolg von Chemnitz Oliv — von einem Auswechselspieler der SG mélange.